László Német: Meine Ernennung zum Kardinal könnte mit meinem Engagement für die synodale Erneuerung der Kirche zu tun haben

Die Nachricht, dass Papst Franziskus den Botschafter von Megújul.hu zu einem seiner engsten Berater bestimmt hat, erreichte ihn im Vatikan. Der Erzbischof von Belgrad gab sein erstes ungarisches Interview ebenfalls im Herzen der katholischen Kirche.

Gesprächspartner in diesem Interview ist der katholische Theologe István Gégény, mit wem der neue Kardinal als direkter Bekannter in freundlichem Ton sprach.

– Wie hat dich die Nachricht erreicht, dass dein Name auf der Liste der 21 neu ernannten Kardinäle steht?
– Ich war nach einem Mittagsspaziergang in meinem Zimmer, und etwa zwanzig Minuten nach zwölf Uhr erhielt ich die erste Glückwunsch-SMS von einem Freund aus Brüssel, in der stand: „Du wirst viel mehr zu tun haben“. Ich habe nicht wirklich verstanden, worum es ging, aber eine Minute später hatte ich drei Anrufe hintereinander, in denen mir gratuliert wurde, und dann habe ich begonnen etwas zu ahnen. Ich schaute schnell auf die Medien des Vatikans, aber die Rede des Papstes war bereits zu Ende. Ich suchte noch einmal im Video die Stelle mit der Ankündigung, und tatsächlich, da war es, als der Papst meinen Namen verkündete. Zu diesem Zeitpunkt hatte mich bereits eine andere Botschafterin von Megújul.hu, Klára Csiszár angerufen und gesagt, dass ihr der Medienbeauftragte von Kardinal Schönborn die Nachricht mitgeteilt hatte. So sieht man, dass wir vom Papst nicht im Voraus informiert wurden, und ich weiß auch von den anderen neu ernannten Kardinälen, dass alle sehr überrascht waren. Aber Papst Franziskus ist ein Mann der Überraschungen, und wir wissen, dass er in letzter Zeit, wenn er Kardinalsernennungen vornimmt, die Namen auf dem Petersplatz „einfach” verliest. Als mir klar wurde, was passiert war, habe ich, und ich schäme mich nicht es zu sagen, angefangen zu weinen – ich war sehr bewegt. So etwas erlebt man nicht jeden Tag.

– Wir können nicht auf die aktuelle Bischofssynode selbst eingehen, da wir die Bitte des Heiligen Stuhls um Stillschweigen gegenüber den Medien respektieren. Was jedoch gesagt werden kann, ist, dass der Fokuswechsel der katholischen Kirche, den Schwerpunkt von der Dominanz Europas auf andere Kontinente zu legen, insbesondere in die Richtung der südlichen Hemisphäre, auf der Tagesordnung steht, was auch bei der Auswahl der neuen Kardinäle deutlich wird. Nachdem einige Tage seit der Bekanntgabe der Ernennung vergangen sind, hattest du vielleicht Zeit, darüber nachzudenken, warum du als Europäer und als Ungar, der sogar einer der Erzbischöfe eines anderen Landes, nämlich Serbiens ist, ausgewählt wurdest. Welche Botschaft will der Papst deiner Meinung nach vermitteln?
– Ich kenne ehrlich gesagt die Antwort nicht, und ich glaube nicht, dass ich sie jemals wissen werde. Tatsache ist, dass viele Menschen versuchen, die Liste der neu ernannten Kardinäle zu interpretieren, es gibt viele Schlüsse, die man daraus ziehen kann, es gibt viele verschiedene Standpunkte. Siehst du, was du auch gesagt hast, dass ich als Ungar in Belgrad diene, das ist auch bereits eine Lesart der päpstlichen Entscheidung. Ich bin der Erzbischof von Belgrad, und ich gehe davon aus, dass Papst Franziskus wollte, dass einer der neuen Kardinäle der Erzbischof von Belgrad ist. Ich weiß nicht, ob er weiß, dass ich Ungar bin. Ich glaube nicht, dass das die Entscheidung beeinflusst hat, aber meine Ernennung zum Kardinal könnte mit meinem Engagement für die synodale Erneuerung der Kirche zusammenhängen.

Ich nehme an, dass meine aktive Teilnahme am Synodenprozess von Bedeutung ist. Viele der neuen Kardinäle sind bereits im zweiten Jahr bei der Synode dabei.

Vor der Covid-Pandemie hatten wir in der Diözese Nagybecskerek, deren Bischof ich damals war, eine Diözesansynode – man könnte also sagen, dass wir in Nagybecskerek schon gelernt hatten, was die Synode sein könnte, bevor der Papst die synodale Erneuerung der Weltkirche eingeleitet hatte. Sechzig Prozent der Diözesen weltweit haben noch nie eine Diözesansynode abgehalten. Wir können hier stolz sein, denn auch die Erzdiözese Belgrad hat bereits ihre Diözesansynode hinter sich. Wenn wir bei Belgrad bleiben, dürfen wir die Beziehungen zur serbisch-orthodoxen Kirche und die liebevollen Bemühungen von Papst Franziskus um die Einheit der Christen nicht vergessen. Ich bin sehr dankbar, dass ich als Erzbischof von Belgrad ein brüderliches Verhältnis zu unseren orthodoxen Brüdern und Schwestern habe, und ich danke insbesondere Patriarch Porfirije für die Brüderlichkeit, die er mir entgegenbringt. Natürlich, wenn wir die Interpretationen meiner Ernennung in den kroatischen und serbischen Zeitungen lesen würden, würden wir eine Menge politischer Diskussionen finden: einige sind glücklich, andere nicht. Ich bin ein Mitglied der vielfältigen katholischen Kirche, die nicht ausgrenzt oder stigmatisiert, sondern die Vielfalt schätzt. Auch Papst Franziskus denkt allenfalls in kirchenpolitischen Kategorien, nicht aber in der allgemeinen politischen Alltagslogik.

– Du hast ein Video in den sozialen Medien geteilt, in dem du deine Dankbarkeit für all die freundlichen Grüße und Glückwünsche zum Ausdruck bringst. Hast du irgendwelche Signale von ungarischen Kirchenführern erhalten, bist du überhaupt jetzt während der Bischofssynode erreichbar?
– Viele! Ich habe Glückwünsche von Freunden, Kollegen und Verwandten erhalten. Ich konnte nicht alle annehmen, denn die meisten wollen mich anrufen, und es ist natürlich unmöglich, jetzt alle Anrufe entgegenzunehmen. Ich möchte auch denjenigen danken, mit denen ich nicht direkt sprechen konnte. Wenige Minuten nach 13:00 Uhr am Tag der Bekanntgabe der Ernennung rief mich Kardinal Péter Erdő, der Primas von Ungarn, an, um mir seine Glückwünsche und besten Wünsche zu übermitteln. Dies ist für mich sehr wichtig. Auch andere ungarische Bischöfe haben sich bei mir gemeldet und mir mit Freundlichkeit und Liebe gratuliert. Ich kann sie nicht alle auf einmal aufzählen, aber unter ihnen sind Csaba Ternyák, Erzbischof von Eger, Balázs Bábel, Erzbischof von Kalocsa-Kecskemét, Ferenc Palánki, Bischof von Debrecen-Nyíregyháza, und Bischof Miklós Beer, der zusammen mit mir auch ein engagierter Unterstützer der synodalen Erneuerung ist. Von der Leitung der Ungarischen Katholischen Bischofskonferenz hat bisher zu mir noch niemand den Kontakt aufgenommen, obwohl ich fast zwei Jahre lang Sekretär dieser Institution war. Auf jeden Fall habe ich viele Glückwünsche erhalten. Aber lassen wir auch über Serbien sprechen, denn ich bin der Erzbischof von Belgrad:

Der serbische Präsident rief mich sofort nach der Bekanntgabe an, und der Premierminister rief mich am Nachmittag desselben Tages ebenfalls an. Der serbische Patriarch befindet sich gerade auf einer apostolischen Reise in Montreal und hat mir von dort eine phantastisch-schöne Botschaft geschickt, mehrere orthodoxe Bischöfe haben mir auch gratuliert, und ich habe auch einen besonderen Gruß von der katholischen Bischofskonferenz Kroatiens erhalten,

besonders begrüßt wurde ich von meinen kroatischen Bischofsfreunden, darunter Seine Eminenz Kardinal Josip Bozanić, der emeritierte Erzbischof von Zagreb, die gesamte albanische bischöfliche Gemeinschaft, bulgarische, rumänische und bosnische Erzbischöfe. Was soll ich sagen: Ich werde mit Freundlichkeitsbeweisen aus dem ehemaligen Jugoslawien und den umliegenden überschwemmt, aber ich erhalte auch ständig freundliche Botschaften aus vielen anderen Ländern inner- und außerhalb Europas. Ein Mensch ist ein Mensch. Freude und Dankbarkeit sind in meinem Herzen.

– Du kamst als Erzbischof zur aktuellen Bischofssynode und wirst Ende Oktober als ernannter Kardinal gehen. Was wird sich in deinem Leben ändern?
– Im Moment kann ich nur sagen, dass ich keine Ahnung habe. Nach der Kardinalsernennung am 8. Dezember, nachdem wir gemeinsam mit dem Papst gefeiert haben, werde ich meine Titularkirche in Rom erhalten, und dann wird Papst Franziskus entscheiden, wo er, wenn er das möchte, meine Erfahrung und meine Mitarbeit in den verschiedenen kurialen Ämtern einsetzen möchte. Es wäre heute noch unsinnig, darüber zu spekulieren, was mich erwartet. In zwei Monaten werde ich sicherlich mehr über meine zukünftigen neuen Aufgaben wissen.

– Was würdest du den ungarischen Lesern vom Ort der Bischofssynode aus sagen?
– Ich grüße alle liebe Leserinnen und Leser sehr herzlich. Ich denke, es ist wichtig, dass möglichst viele von uns miteinander in den Dialog treten. Es gibt viele gute Dinge hier auf der Synode und viele gute Dinge in Ungarn. Es wäre so gut, die verschiedenen Ansichten und Erfahrungen einander näher zu bringen, und so gemeinsam den großen Hass und Angst, die derzeit in Ungarn herrschen, zu verringern.